Meine Redebeiträge zur Plenarsitzung am 15.07.2020

Veröffentlicht am 30.07.2020 in Reden

Hier finden sie meine beiden Redebeiträge zur Plenarsitzung am 15.07.2020 in Textform und als Videomitschnitt. 

 

12. Sitzung 7. Wahlperiode 15. Juli 2020

Zweite Aktuelle Debatte Deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen – Systemrelevanz unserer Landwirtschaft stärken

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich relativ wenig Redezeit habe, sind das meine ersten Worte zum Beitrag der AfD: Wir wissen ja, Sie leugnen den von Menschen verursachten Klimawandel – Gott sei Dank aber nicht den Klimawandel selbst. Zyklisch bedingt soll er sein – viele Grüße an Ihre fünf Wissenschaftler –, aber sei es drum. Zeigen Sie doch bitte auf, wie Sie sich zukünftig auf größere Hitze und die damit verbundene Dürre, auf mehr Starkniederschläge und größere Überschwemmungen, Wassermangel auf der einen Seite und Ertragsausfälle auf der anderen Seite einstellen wollen! Das möchte ich gern einmal wissen. Ich glaube nicht, dass Sie das Problem lösen und auf lange Sicht Ihre Wählerinnen und Wähler befriedigen, wenn Sie handelnde Verantwortungsträger nur ständig für das kritisieren, was sie tun. Wir werden wohl noch länger auf Ihre Handlungsempfehlungen warten müssen. Wir haben es gehört: Deutschland übernimmt den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Den Vorsitz im Bereich Landwirtschaft übernimmt während der Ratspräsidentschaft Bundesministerin Klöckner. Mit der Übernahme betonte sie – ich zitiere –, dass die Landwirtinnen und Landwirte Planungssicherheit benötigen und die Landwirtschaft noch ‚grüner‘ und die Fischerei noch nachhaltiger werden wird. Voraussetzung dafür sei aber ein gut ausgestattetes EU-Agrarbudget. Umweltauflagen müssen für alle Mitgliedsstaaten gelten. Diese Aussagen kann und sollte man unterstreichen. Diesem kann man sich nur anschließen. Die wesentlichen Punkte, die auf der Agenda des deutschen Vorsitzes stehen, wurden alle schon genannt. Ich möchte einen wesentlichen Punkt herausgreifen: die Stärkung der Systemrelevanz der Landwirtschaft. Vor allem aus der Corona-Krise abgeleitet, geht es dabei – das haben wir auch schon gehört – um die kritische Infrastruktur, um Ernährungssicherheit sowie resiliente und damit regionale Produktions- und Lieferketten – ein ambitioniertes Ziel, das unsere volle Unterstützung findet. Generell geht es um ein nachhaltiges Europa mit den Schwerpunkten einer ambitionierten Klima-, Umwelt- und Biodiversitätsschutzpolitik sowie der Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung insgesamt und speziell auf eine nachhaltige Landwirtschaft vor dem Hintergrund der unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels, den wir ja zurzeit erleben. So sprach auch unser Staatsminister Günther kürzlich im Zusammenhang mit den noch zu erwartenden Dürreschäden von dem mit der Hand zu greifenden Klimawandel und dem daraus resultierenden hohen Anpassungsdruck, den die Landwirtschaft jetzt erlebt. Natürlich müssen die Anstrengungen für Umwelt-, Tierund Klimaschutz deutlich ausgeweitet werden, damit wir die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen erhalten können. Kommende Generationen brauchen bei weiter steigender Bevölkerungszahl jedoch auch Nahrung – das dürfen wir nicht vergessen –, demzufolge auch die Landwirtschaft trotz immer weniger zur Verfügung stehender Nutzfläche und starker Flächenkonkurrenz, die wir zurzeit erleben. Deshalb muss dafür gesorgt werden, dass diese Leistungen für Umwelt-, Tier- und Klimaschutz entsprechend honoriert werden. Ein Green Deal darf auf keinen Fall zur Gefahr für unsere Landwirte werden. Landwirtschaft findet nun einmal in und mit der Natur und in der Landschaft statt. Werte Kolleginnen und Kollegen – es ist noch nicht genannt worden –, in Deutschland werden 50 % der Fläche von Landwirten bearbeitet und bewirtschaftet, 30 % sind Wald- und Gehölzfläche, und nur knapp 14 % sind Verkehrs- und Siedlungsfläche. Schon an diesen nackten Zahlen lässt sich ableiten, dass zum Beispiel die schwindende Biodiversität, die wir zurzeit erleben, auch eine Folge des großen Anteils an Verkehrssiedlungsfläche und vor allem an Kulturlandschaft, also an von Menschen umgewandelter und geprägter Naturlandschaft, ist. Das sind insgesamt 64 %. Das kann man den einzelnen Landwirten nicht zur Last legen. Ein Getreidefeld, Kartoffelacker oder Rübenfeld ist nun einmal keine Blühwiese. Wir brauchen aber diese Flächen, um uns in Zukunft zu ernähren. Hierbei geht es um einen gesellschaftlichen Kompromiss und nicht um gegenseitige Vorwürfe. Gerade der Landwirt braucht die Biodiversität. Er braucht den fruchtbaren Humusboden sowie sauberes und gutes Wasser. Es hilft ihm nicht, in einem Jahr den Boden auszubeuten, sondern er braucht es Jahr um Jahr, ein ganzes Arbeitsleben lang, am Ende auch für seinen Nachfolger. Es ist sein ureigenstes Interesse. Wenn die Gesellschaft aus gutem Grund Maßnahmen zum Aufhalten des Klimawandels, zum Schutz der Natur und zum Erhalt der Biodiversität ergreift, dann muss sie diesen größten Landnutzer mitnehmen. Wenn jedoch diese Maßnahmen zur Überforderung unserer Landwirte, zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder gar Imageschäden führen, dann haben wir als Gesellschaft – ich drücke es gelinde aus – etwas nicht richtiggemacht. Wenn Systemrelevanz mehr als eine Beschwörungsformel sein soll, dann muss sich grundsätzlich etwas ändern. Es braucht einen Schulterschluss zwischen Landwirten, Verbrauchern und Politik und eine gewisse Absicherung der Rahmenbedingungen für die Landwirte.

Diesen Text als Videomittschnitt finden Sie hier:

https://www.landtag.sachsen.de/de/aktuelles/videoarchiv/sitzung/1445/4/39060?page=1

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Landwirtschaft hat witterungsbedingt mehrere schwierige Wirtschaftsjahre hinter sich und muss sich in ihrer Wirtschaftsweise in Zukunft vielen neuen Herausforderungen anpassen – darüber ist schon gesprochen worden. Die Darstellung unserer Landwirtschaft in der öffentlichen Debatte – und dabei spielt es nicht die Rolle, ob konventionell oder ökologisch – hat nicht nur meiner Meinung nach einen gefährlichen Tiefpunkt erreicht. Wir sind alle aufgerufen, daran etwas zu ändern. Was dieser für uns alle wichtige Wirtschaftszweig braucht und verdient, ist Anerkennung, Wertschätzung für die vielen öffentlichen Leistungen, die bis jetzt schon erbracht wurden – und das sind nicht wenige – und die dieser Bereich auch noch in Zukunft erbringen soll und muss. Wir dürfen die ökologische und konventionelle Landwirtschaft, wie das teilweise heute schon durchkam, nicht gegeneinander ausspielen, sondern in diesen Prozess mitnehmen, denn beide können voneinander profitieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Wirken weniger schwarzer Schafe in der Landwirtschaft auf die gesamte Landwirtschaft abfärbt. Es ist unsere Aufgabe, sie in diesen Prozess einzubeziehen. Ohne deren Akzeptanz und proaktive Mitwirkung wird es nicht gehen. Fakt ist: Die Kernaufgabe unserer Landwirte ist und bleibt es, Nahrungsmittel zu produzieren; denn essen wollen, nein, essen müssen wir alle. Das wird aber nur schwerlich möglich sein ohne einen nachhaltigen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, so wie das eben mein Kollege Volkmar Zschocke schon gesagt hat. Diesen Umgang zu forcieren, ohne die Landwirte dabei in den Ruin zu treiben, ist unsere gemeinsame Aufgabe. Das geht mit Sicherheit auch mit den von der SPD geforderten Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach dem Prinzip, öffentliches Geld für öffentliche Leistung. Ziel dabei ist nicht die Kürzung der Agrarförderung – ganz im Gegenteil –, sondern deren Bindung an Kriterien, aber auch an gerechte Verteilungsmaßstäbe. Dieser Umstellungsprozess ist auf lange Sicht angelegt und soll Schritt für Schritt durchgeführt werden. Ich nutze die Gelegenheit dieser Aktuellen Debatte, Sie dazu einzuladen, sich an der Neuausrichtung zu beteiligen, die auch in Sachsen zur Systemrelevanz auf der harten Seite der Landwirte in der öffentlichen Wahrnehmung beitragen kann. Herzlichen Dank.

Diesen Text als Videomittschnitt finden Sie hier:

https://www.landtag.sachsen.de/de/aktuelles/videoarchiv/sitzung/1445/4/39065?page=1